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Heute gibt es wieder einmal ein relativ wahllos ausgesuchtes Zitat von
einem meiner Lieblingsautoren, das ich kommentarlos mitteilen will. Es
stammt aus Daniel Quinns Buch "Beyond
Civilization. Humanity's Next Great Adventure" ("Jenseits
der Zivilisation. Der Menschheit nächstes Großes Abenteuer"
- auf deutsch leider nie erschienen).
In diesem recht schmalen Band konkretisiert Daniel Quinn, was er in all
seinen anderen Büchern zu sagen versucht: Diese unsere sogenannte
"Zivilisation" ist eine Sackgasse, ein Versuch einer Lebensform,
die nicht nur für uns Menschen nicht artgerecht, sondern auch für
den Planeten und seine Bewohner zerstörerisch ist.
Die Lösung ist nicht "zurück in die Steinzeit" - das
ist weder möglich noch erstrebenswert. Wir müssen jedoch zurück
in eine Form des Zusammenarbeitens, die uns Menschen mehr liegt - eine
Art "Stammesorganisation" (engl. tribe).
Laut Daniel Quinn bedeutet das, den Lebensunterhalt so zu verdienen, wie
es in Stammesgesellschaften üblich ist: Gemeinschaftlich, nicht hierarchisch,
jeder nach seinen Möglichkeiten, die "Beute" wird auf alle
so aufgeteilt, dass jede/r gut leben kann - es ist für alle gesorgt.
Nicht Profit oder Wohlstandsvermehrung ist das Ziel, sondern ein gutes
Auskommen, und zwar für alle gleichermaßen.
Daniel Quinn betont auch immer wieder, dass Lösungen nicht von Menschen
mit "alten Ansichten und neuen Programmen", sondern von Menschen
mit "neuen Ansichten und ohne Programm" kommen werden. Programme
seien dazu da, die alte Vision aufrecht zu erhalten und an Details zu
schrauben, während wir dringend eine neue Vision brauchen, abweichend
von der, die wir seit Jahrtausenden ausleben:
Dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist, der die Natur (als ob
er da nicht dazugehören würde) nach seinen Wünschen formen
kann, weil er "vom Baum der Erkenntnis" genascht hat und sich
daher nicht länger an die Gesetze des Lebens halten muss. Und vor
allem, dass dies die einzig richtige Art zu leben ist, und dass alle Menschen
so leben sollen - denn alles andere ist primitiv, prähistorisch,
der Menschen unwürdig.
Daraus folgt der Glaube, dass diese Art der Zivilisation den Gipfel der
menschlichen Evolution darstellt und daher niemals und unter keinen Umständen
aufgegeben oder gar überboten werden kann. Dieser Gedanke hat sich
so eingeprägt, dass wir nicht (mehr) sehen können, dass unsere
Art zu leben nur eine Möglichkeit ist und NICHT dem Menschen biologisch
innewohnend und daher alternativlos.
Auf Seite 52 heißt es (deutsche Version weiter unten):
Pharaos
It took Khufu twenty-three years to build his great pyramid at Giza,
where some eleven hundred stone blocks, each weighing about two and
a half tons, had to be quarried, moved, and set in place every day
during the annual building season, roughly four months long. Few commentators
on these facts can resist noting that this achievement is an amazing
testimonial to the pharao's iron control over the workers of Egypt.
I submit, on the contrary, that pharaoh Khufu needed to exercise no
more control over his workers at Giza as pharao Bill Gates exerises
over his workers at Microsoft. I submit that Egyptian workers, relatively
speaking, got as much out of building Khufu's pyramid as Microsoft workers
will get out of Bill Gates' pyramid (which will surely dwarf Khufu's
a hundred times over, though it will not, of course, be built of stone).
No special control is needed to make people into pyramid builders -
if they see themselves as having no choice but to build pyramids. They'll
build whatever they are told to build, whether it's pyramids, parking
garages, or computer programs.
Karl Marx recognized that workers without a choice are workers in chains.
But his idea of breaking chains was for us to depose the pharaos and
the build the pyramids for ourselves, as if building
pyramids is something we just can't stop doing, we love it so much.
Deutsche Version (übersetzt/übertragen von mir):
Pharaonen
Cheops hat dreiundzwanzig Jahre gebraucht, um seine Pyramide in Gizeh
zu bauen, wo ungefähr 1100 Steinblöcke, von denen jeder etwa
2½ Tonnen wiegt, täglich aus dem Fels gehauen,
zur Baustelle gebracht und an ihren Platz gesetzt werden mussten während
der jährlichen Bausaison, die ungefähr 4 Monate dauerte. Wenige
Forscher können dem Drang widerstehen anzumerken, dass diese Tatsachen
Beweis dafür sind, welch eiserne Kontrolle der Pharao über
die ägyptischen Arbeiter gehabt haben musste.
Ich unterstelle allerdings im Gegensatz dazu, dass Pharao Cheops in
Gizeh nicht mehr Kontrolle über seine Arbeiter ausüben musste
als Pharao Bill Gates über seine Arbeiter bei Microsoft. Ich behaupte,
dass ägyptische Arbeiter, relativ gesehen, genauso viel vom Bau
der Cheops-Pyramide hatten wie die Arbeiter vom Bau der Bill Gates -
Pyramide haben werden (welche die von Cheops zweifelsohne ums hundertfache
übertreffen wird, auch wenn sie natürlich nicht aus Stein
gebaut ist).
Es ist keine spezielle Kontrolle notwendig, um Menschen zu Pyramidenbauer
zu machen - wenn sie selbst das Gefühl haben, das Bauen von Pyramiden
sei ihre einzige Alternative. Sie werden bauen, wozu auch immer man
sie auffordert, egal ob es Pyramiden sind oder Parkgaragen oder Computerprogramme.
Karl Marx stellte fest, dass Arbeiter ohne Alternativen Arbeiter in
Ketten sind. Aber seine Idee, die Ketten zu sprengen war, die Pharaonen
zu stürzen und die Pyramiden für uns selbst zu bauen,
ganz so, als ob das Bauen von Pyramiden etwas wäre, was
wir nicht aufhören können zu tun, weil wir es so sehr lieben.
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