19.08.2023 |
✓ Heimreise |
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Noch nicht einmal Sonntag, und die Woche dauert gefühlt schon mindestens
zehn Tage! Mal nachdenken, was war denn so...?![]() Am Nachmittag habe ich dann zuerst meine Übernachtung in Przemyśl gebucht und dann - mit einer erschütternden Erkenntnis - auch das ÖBB-Ticket von Polen nach Wien. Wieder einmal bekam ich während des Bestellvorgangs die Meldung auf den Schirm, dass ich das Ticket in Österreich (am Automat oder Schalter) abholen müsse. Egal ob am Computer oder am Smartphone, über die Webseite oder App: Kein Glück. Also wieder einmal die Variante "per Post schicken" angedacht, bis ich dann noch eine Idee hatte: VPN anwerfen und so tun, als wäre ich in Österreich. Und siehe da: Plötzlich bekomme ich das Ticket problemlos als pdf in meine mailbox zugestellt, ganz ohne Warnung. Fazit: Ein Ticket NACH Österreich soll man anscheinend nur kaufen können, wenn man sich IN Österreich aufhält. "Unsere Tickets für unsere Leut'!" - oder wie muss ich das verstehen? Wer erst einmal das Land verlassen hat, soll auch bleiben, wo der Pfeffer wächst? Ich kann nur vermuten, was dahintersteckt, denn Antwort auf meine email von vor 11 Tagen habe ich bis heute keine bekommen, aber es fällt einem schwer, das als nicht xenophob wahrzunehmen. Wie dem auch sei: Ich hab' jetzt alles für die Heimreise beisammen. ✗ Am Mittwoch hatte ich - wie schon angekündigt - eine Stadtführung mit einer deutschsprachingen Reiseleiterin. Ich hatte mir vor allem eine Kirchenrunde gewünscht, weil ich selber niemals in selbige reingehe, aber hier in Kyiv sind Kirchen, Kathedralen und Klöster so dominant, dass ich auch nicht nach Hause fahren wollte, ohne (speziell eine orthodoxe) Kirche je von innen gesehen zu haben. Die Runde war sehr lehrreich und interessant, die Reiseleiterin ausgesprochen nett, wir sind in 4 Stunden ganz schön herumgekommen, und ich habe trotz der Sonne, die unbarmherzig vom Himmel knallte, keinen Sonnenbrand bekommen! Spoiler: Religion? Nein, danke. Religiös werde ich wohl so schnell nicht, und orthodox erst recht nicht. Tendenziell fand ich die Atmosphäre da drin eher beklemmend. Während mir an vielen katholischen Kirchen der überladene Prunk und das viele Gold mißfallen, habe ich in den orthodoxen Kirchen klaustrophobische Gefühle bekommen. (Das Foto ist im St. Michaelskloster entstanden, da war das "Seitenschiff" recht geräumig, in den anderen Häusern war das nicht so.) Die Kirchengebäude sind von außen viel größer als der Innenraum, weil anscheinend "das Heiligste" abgetrennt und nur den Priestern zugänglich ist. Ich kann mir nicht helfen, mir ist das nicht besonders sympathisch. Immerhin weiß man gleich, was man bekommt, wenn die sich schon freiwillig als "Patriarchat" bezeichnen. Der Innenraum ist (meiner Meinung nach) voll überladen mit Heiligenbildern ("Ikonostase"), es gibt keine Sitzplätze (abgesehen von einer Bank für extrem beeinträchtigte Menschen), die Gläubigen müssen die ganze Zeit stehen, gerne auch mal 3 Stunden lang. Es gibt keine Musikinstrumente, erst recht keine Orgel, und am Eingang befindet sich eine Art "Kiosk" (?), wo man anscheinend Bildern von den Ikonen und Heiligen kaufen kann? Wer mehr wissen will: »link« An den Decken sind allerdings meistens sehr schöne Fresken zu sehen - mal gut, mal weniger gut erhalten. In den 1930er Jahren wurde ein Großteil der Kirchen, Kathedralen und Klöster in Kyiv (der ganzen Ukraine?) zerstört (von den Russen), weshalb die meisten Gebäude relativ neu - nach alten Plänen - wieder aufgebaut wurden. Von außen gefallen mir diese Gebäude ja ausgesprochen gut. Fotografieren wird anscheinend nicht allzu gern gesehen, daher hier ein »link« zu einer Bildersammlung von orthodoxen Kirchen aus aller Welt. Anscheinend sind die nicht zwingend so dunkel... Und eng.
Kontrastprogramm: Evangelische Kirche
![]() (Sollte ich jemals wieder eintreten, dann am ehesten da...) Draußen: Mehr Luft zum Atmen! ![]() Ich habe einen "Kastanien-Aufheb-Zwang", besonders, wenn winzige "Babykastanien" herumliegen! ![]() ✗ Heute war ich wieder bei meiner Lieblings - Monstrosität, der Mutter-Heimat-Statue. Die soll anscheinend auch umbenannt werden, ich hoffe, die Übersetzung des neuen Namens wird dann weniger holprig. Die Fülle an Fotos gibt's wie immer im » album zu besichtigen! Ich war ja hin- und hergerissen wegen heute: Es ist heiß, und irgendwie bin ich urlaubsreif: Zwischen Unterricht und Stadtführung, Hausübungen und Fahrkartenkäufen, Air Raid Alarmen und Sightseeing-Runden komm' ich kaum zum Verschnaufen. Vielleicht schwer zu glauben, ist aber so. Und dann hatte ich mir für heute vorgenommen, von der Statue noch weiter nach Süden zu gehen bis zum Nationalen Botanischen Garten, dort entweder vorbei oder durch (wenn möglich) bis zur Station "Видубичі" (Metro und Stadtbahn), um von dort die Runde mit der Stadtbahn fertig zu fahren (u.a. ans linke Dnipro-Ufer). Vor zwei Wochen noch hätte ich mir wahrscheinlich auch noch vorgenommen, dort auszusteigen und mir die Gegend anzuschauen, aber so ambitioniert bin ich schon gar nicht mehr. Das Problem: Zwischen der Mutter-Heimat-Statue und der Station liegen zwei riesige Verkehrsknotenpunkte, und auf den Plänen (analog und digital) ist nicht wirklich erkennbar, ob man da als Fußgänger gut "übersetzen" kann. Ganz ehrlich, anderswo würde ich so etwas gar nicht erst probieren, aber Kyiv hat mich bis dato diesbezüglich noch nicht enttäuscht. An Tagen wie diesen wäre es halt schon sehr bitter, wenn man dann nach so einem Fußmarsch in der Hitze wieder umdrehen muss. Noch nicht fertig!
![]() (Würde mich nicht wundern, wenn die Russen nach Fertigstellung versuchen, das Monument zu beschießen, frei nach dem Motto: "Wir haben sie euch gegeben, wir können sie euch auch wieder nehmen!") Realitätsvermittlungshilfe: ![]() Ich fürchte, jetzt ist es offiziell: Kyiv ist "meine Stadt". Trotz der vielen Autos so fußgängerfreundlich! Verkehrsknotenpunkte? Kein Problem. Und nicht nur begehbar, sondern sogar relativ grün: ![]() ![]() ![]() Und dann komme ich aus dem Botanischen Garten / Nobelviertel heraus, lande in einem Gewirr von Straßen, Kreuzungen, Zäunen und Gleisen, überquere die Straße und stehe... mitten auf dem Bahnsteig! ![]() Nur leider ist mir der Zug um 3min vor der Nase davongefahren, und am Wochenende fährt der nur 1x pro Stunde. Also mit der Metro nach Hause. Nach 2 ½ Stunden reicht's mir eigentlich eh. Übrigens: Eine Einzelfahrt mit der Schnellbahn kostet 15 UAH (= 38 Cent), eine Fahrt mit der Metro ca. 15 Cent (da kann man beliebig oft umsteigen), und eine Monatskarte zwischen € 7,00 und € 16,00. ✗ Zum Abschluss möchte ich noch den Podcast der "Salonkolumnisten" empfehlen, vor allem die ersten 15min der aktuellen Folge. Es geht da um den himmelweiten Unterschied der ukrainischen und der westlichen Perspektive auf den Krieg, und was das für dessen mögliches Ende bedeutet. Kurz gesagt: Die Ukrainer kämpfen seit Generationen um ihre Unabhängigkeit und sind jetzt an einem Punkt, an dem sie sagen: No more! Väter ziehen jetzt in den Kampf, damit ihre Kinder in 10, 15 Jahren nicht denselben Krieg wieder führen müssen, den auch schon ihre Großväter und Urgroßväter geführt haben. Sie wollen diese Angelegenheit jetzt ein für allemal erledigen. Und nach den Berichten, die aus den besetzten Gebieten kommen, hält sich auch die Bereitschaft, unter russischer Herrschaft zu leben, in Grenzen. Niemand hier hat Interesse am Einfrieren des Konflikts oder an einem schwindligen Minsk-3 - Abkommen, das wieder nur ein Aufschieben bedeutet. Jegliches Kriegsende, das den Russen auch nur den Hauch einer Hoffnung lässt, dass man nach einer Regenerationsphase (und wenn der Westen wieder einmal das Interesse verloren hat) erneut einen Versuch starten könnte, wird abgelehnt. |
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